Warum der Narzisst ein Feindbild entwickelt

Warum der Narzisst ein Feindbild entwickelt – und wie sich das auf dich auswirkt

Wenn du einmal eine tiefere Verbindung mit einem Narzissten hattest, ist dir vielleicht aufgefallen, dass du über kurz oder lang in eine bestimmte Rolle gedrängt wurdest: die des Gegners, vielleicht sogar des Feindes. Doch warum passiert das? Warum mutiert der ehemals charmante Partner oder die beste Freundin plötzlich zum Gegenüber, das dich für alles verantwortlich macht und regelrecht bekämpft? Dieser Blogbeitrag beleuchtet die psychologischen Gründe hinter dem Feindbild, das Narzissten oft aufbauen – und die Auswirkungen, die das für dich haben kann.

1. Das eigene, fragile Selbst schützen

Ein Narzisst hat ein tief verankertes Bedürfnis, das eigene Selbstbild aufrechtzuerhalten. Dieses Bild ist jedoch fragiler, als es scheint. Unter der glänzenden Oberfläche verbirgt sich oft eine große Unsicherheit, eine tiefe Angst davor, nicht gut genug zu sein. Wenn der Narzisst sich bedroht fühlt – sei es durch Kritik, Ablehnung oder schlicht durch das Gefühl, nicht genug bewundert zu werden –, greift er zum Feindbild.

Hier geht es nicht um dich als Person, sondern um den Zweck, den du erfüllst: Ein Feindbild gibt dem Narzissten eine Zielscheibe, auf die er seine negativen Gefühle abladen kann. Kurz gesagt: Das Feindbild stabilisiert das fragile Selbstwertgefühl des Narzissten.

2. Der Narzisst und die schwarz-weiße Welt

Narzissten neigen zu extremen Denkmustern: Menschen sind entweder „ganz toll“ oder „komplett schlecht“. Es gibt kein „Dazwischen“. Diese Schwarz-Weiß-Mentalität ermöglicht es dem Narzissten, Kontrolle zu behalten und sich selbst abzusichern. Wenn du anfängst, nicht mehr in das perfekte Bild zu passen – vielleicht stellst du ihn infrage oder enttäuschst ihn in irgendeiner Form –, fällst du aus dem weißen Bereich ins Schwarze. Aus „heilig“ wird „feindlich“.

Diese Verschiebung ist abrupt, fast unheimlich, und du verstehst vielleicht gar nicht, warum du plötzlich als „der Böse“ dastehst. Doch für den Narzissten dient diese Sichtweise als Schutzmechanismus. So kann er weiterhin in seiner kontrollierten, simplifizierten Welt existieren, in der er sich gut und überlegen fühlt.

3. Projektion als Selbstschutz

Das Feindbild hat auch mit einem psychologischen Trick zu tun, den Narzissten besonders gut beherrschen: der Projektion. Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die sie an sich selbst ablehnen, sehen sie plötzlich in anderen – in diesem Fall in dir. Ein klassisches Beispiel: Ein Narzisst, der tief drinnen weiß, dass er manipulativ ist, wird dir Manipulation vorwerfen. Das eigene Verhalten wird auf den „Feind“ projiziert, damit der Narzisst selbst „sauber“ bleibt. Und da kommt der Haken: Egal, was du tust, du kannst das Feindbild selten ändern, weil der Narzisst diesen Schutzmechanismus braucht, um mit seinen eigenen Gefühlen klarzukommen.

4. Die Befriedigung des eigenen Kontrollbedarfs

Wenn ein Narzisst dich zum Feind erklärt, gibt ihm das das Gefühl von Kontrolle. In dieser Rolle hat er die Zügel in der Hand: Er entscheidet, wann er dich „bestrafen“ möchte, wie er dich behandelt und was du „verdient“ hast. Dieser Kontrollgewinn ist für den Narzissten ungemein befriedigend, da er seine Unsicherheit darüber, wer er wirklich ist, für einen Moment überdecken kann. Solange du in der Rolle des Feindes bist, hat der Narzisst die Kontrolle – und genau das braucht er, um sich stabil zu fühlen.

5. Was bedeutet das für dich?

So tiefgehend die Gründe auch sein mögen, am Ende bleibt die Tatsache: Du steckst mitten in einem Kampf, den du nicht gewinnen kannst. Der Narzisst braucht das Feindbild, um sich zu stabilisieren, und wird es kaum aufgeben, solange er in diesem Denkmuster gefangen ist. Das bedeutet, dass du immer wieder für Dinge verantwortlich gemacht wirst, die nicht in deiner Hand liegen. Es kann sich anfühlen, als würdest du in einem Sumpf aus Vorwürfen, Misstrauen und Verletzungen feststecken, und jeder Versuch, dich zu erklären, zieht dich nur noch tiefer hinein.

Fazit: Ein ungesunder Kreislauf, der nicht endet

Das Feindbild ist also ein grundlegendes Mittel, mit dem Narzissten ihr Selbstwertgefühl stabilisieren. Doch je länger du in diesem Kreislauf gefangen bleibst, desto mehr ziehst du selbst Schaden daraus. Daher kann es entscheidend sein, zu erkennen, wann es Zeit ist, dich aus dieser Dynamik zu lösen. Erkenne, dass es hier nicht um dich, sondern um die inneren Abgründe des Narzissten geht. Sich zu lösen, mag anfangs hart sein – doch langfristig ist es der einzige Weg, deinem eigenen Selbstwert wieder gerecht zu werden.

Kleist Coaching

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